Montag, 18. Juni 2012

Von Bronze und Messing – zur Metallurgie in Haithabu

Spricht man heute von Bronze, so ist meist eine Metalllegierung mit einem Anteil von 90-95% Kupfer und entsprechend 5-10% Zinn gemeint.

Beim experimentellen Bronzeguss mit diesen Bronzemischungen ist mir sehr bald das relativ schlechte Fließverhalten dieser Legierungen aufgefallen: flüssige Bronze ist verhältnismäßig zähfließend, was dazu führt, dass sie teilweise schon erstarrt bevor sie komplette Form ausfüllen kann. Im heutigen modernen Bronzeguss verwendet man deshalb Flussmittel wie Borax um das Fließverhalten der Bronze zu verbessern. Doch wie wurde das vor 1000 Jahren gemacht?

Diese durch meine gemachten Erfahrungen aufgeworfenen Fragen bewegten mich zu Nachforschungen nach den zur Wikingerzeit tatsächlich verwendeten Metallen und Legierungen. Hans Drescher berichtet in seinem Aufsatz „Metallhandwerk des 8.-11. Jahrhunderts in Haithabu auf Grund der Werkstattabfälle“ auch über das in den Werkstätten gefundenes Rohmaterial in Form von Metallbarren. Diese Bestanden neben Gold und Silber überraschender Weise ausschließlich aus Messing- und Messing-Blei-Legierungen. Messing ist ein Metallgemenge aus Kupfer und Zink mit einer niedrigeren Viskosität als Bronze, d.h. es fließt viel leichter. Durch Hinzugabe von Blei kann dieses Fließverhalten noch weiter verbessert werden.

Über die genaue Zusammensetzung der Messingbarren lässt Drescher den Leser im unklaren. Der Archäologe Anders Söderberg, der sich in seiner Forschung auf wikingerzeitlichen Bronzeguss spezialisiert hat, klärt glücklicher weise auf seiner Webseite über die genaue Zusammensetzungen der Messinglegierungen auf:

„Pure copper-zinc alloys were rarely used in Migration- Viking- and Early Middle Age Scandinavia. There often was an adding of tin or lead (Pb) or both. A correct English terminology for these alloys, would be gunmetal (brass + Sn) leaded brass (brass + Pb), and leaded gunmetal (gunmetal + Pb). Modern analyses of Scandinavian Early Middle Age bronzes show, in their most homogenous results, alloys of Cu + c. 10-25 % Zn and c. 5-15 % of Sn/Pb. We can see, in analyses, a slight pattern of moving towards leaded gunmetal’s, with an increasing addition of Pb during Viking Age“

Quelle: http://web.comhem.se/vikingbronze/casting.htm

Betrachten wir also den wikingerzeitlichen Bronzeguss, so müssten wir unter heutigen Gesichtspunkten eigentlich von Messingguss sprechen!

Sven

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